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Ein sowohl im städtischen als auch im Landjudentum weit verbreiteter typisch jüdischer Beruf war der einer Tuchhändlerin oder eines Tuchhändlers. Aber auch diese Nische wurde von der Obrigkeit stark eingeschränkt. Noch lange Zeit durften Juden z.B. in Worms nur mit gebrauchten Stoffen oder Lumpen handeln. In Frankfurt war 1616 der Handel mit den Endabnehmern den kleinen christlichen Krämern vorzubehalten, Juden sollten nur ballenweise handeln.

Johann Ernst Mansfeld, Trödeljud, Wien 1775, Kupferstich

Aus einer Auflage des „Wiener Kaufrufes“ mit den Darstellungen der damals „im Volk verbreiteten Berufe und fliegenden Händler, wie man sie auf den Wiener Märkten antreffen konnte.“

Sylvain Marechal, Courtière Juive, Händlerin, Paris 1788, Altkolorierter Kupferstich

Tuchhändlerin, aus: „Costumes civils actuels“, „die aktuelle zivile Kleidung aller bekannten Völker, nach der Natur gezeichnet und koloriert.“

Moritz Oppenheim, Der Dorfgeher, Frankfurt 1873, Reproduktion

Der Tuchhändler trägt seine Warenmuster über dem Arm, sein Sohn hat die Tuchelle umgehängt. In der linken Hand hält er einen Brot- und Wasserbeutel. Dies, und vielleicht ein paar Zwiebeln waren oft die einzige Nahrung, die jüdische Händler während ihrer wöchentlichen Wanderungen in Ermangelung koscheren Essens zu sich nahmen. Der Junge schenkt dem christlichen Wandergesellen ein Geldstück, es ist eine Anspielung auf die jüdische Wohltätigkeit. Der Vater berührt beim Hinaustreten die Mesusa. Die Szene spielt im ländlichen Hessen und ist typisch für die Arbeitswelt im Landjudentum. Der Titel, den Moritz Oppenheim diesem Bild gab, scheint von der Novelle gleichen Namens von Leopold Kompert aus dem Jahre 1851 inspiriert zu sein.

Die letzte in Lorsch nach alter Tradition arbeitende Tuchhändlerin war die unverheiratet gebliebene Johanna Oppenheimer (1871 – 1943) aus der Karlstraße 1. Die vor allem bei den Lorscher Hausfrauen gern gesehene Hannchen wurde ein Opfer der Shoa. In dieser Geschäftsanzeige aus dem Jahre 1919 machte sie auf ihr Angebot aufmerksam.

Text: Thilo Figaj, 2022

Bild: 1919 Johanna Oppenheimer Schürzen Baumwolle

A typical Jewish profession, widespread in both urban and rural Jewry, was that of a draper. But even this niche was severely restricted by the authorities. For a long time, Jews in Worms, for example, were only allowed to trade in used cloth or rags. In Frankfurt, in 1616, trade with end buyers was to be reserved for the small Christian merchants; Jews were only to trade by the bale.

Johann Ernst Mansfeld, Trödeljud, Vienna 1775, copperplate engraving

From an edition of the „Wiener Kaufruf“ with depictions of the „trades and flying merchants prevalent among the people at the time, as they could be encountered in the Viennese markets.“

Sylvain Marechal, Courtière Juive, female merchant, Paris 1788, Old colored copper engraving.

Woman draper, from Costumes civils actuels, „the current civil dress of all known peoples, drawn and colored from nature.“

Moritz Oppenheim, The Country Draper, Frankfurt 1873, reproduction.

The cloth merchant wears his sample of goods over his arm, his son has the clothelle slung around him. In his left hand he holds a bread and water bag. This, and perhaps a few onions were often the only food Jewish merchants ate during their weekly wanderings in the absence of kosher food. The boy gives the Christian journeyman a coin, it is an allusion to Jewish charity. The father touches the mezuzah as he steps out. The scene is set in rural Hesse and is typical of the working world in rural Jewry. The title Moritz Oppenheim gave to this painting seems to be inspired by the 1851 novella of the same name by Leopold Kompert.

The last cloth merchant in Lorsch working in the old tradition was Johanna Oppenheimer (1871 – 1943) from Karlstraße 1, who remained unmarried. Hannchen, who was especially popular with Lorsch housewives, became a victim of the Shoa. In a business advertisement from 1919 she drew attention to her offer.

 

Text: Thilo Figaj, 2022