„Stolperschwelle“ in der Bahnhofstraße am Ort der ehemaligen Lorscher Synagogen

Das Grundstück der jüdischen Gemeinde um 1885, Blickrichtung Norden. Links in der Kirchstraße 5 das Haus des Lehrers, in der Mitte das Badehaus und rechts die Synagoge in der Bahnhofstraße 10. © HKV Lorsch, Harry Niemann

Der Künstler Gunter Demnig (Alsfeld) verlegt am Donnerstag, den 12. September 2024 um 11 Uhr im Gehweg vor der Bahnhofstraße 10 eine sogenannte Stolperschwelle. Das ist eine Gedenktafel, die in Form und Aussehen an die bekannten Stolpersteine erinnert, allerdings bei gleicher Höhe um ein Vielfaches breiter ist. Damit ist genügend Platz gegeben an diesem Ort der Erinnerung mit einem Text den beiden Lorscher Synagogen zu gedenken, die hier einst standen.

Vor fast genau 300 Jahren, 1725, machte sich der damals neue Lorscher Pfarrer Johannes Nikolaus Steden einen Vermerk in sein Kirchenbuch. Von der „hiesigen Judenschaft“ seien „drei Gulden für das Synagogicum“ einzusammeln und nach Mainz abzuführen. Das ist unser ersten Nachweis einer organisierten jüdischen Gemeinde. In Lorsch versammelten sich seit jeher auch die Kleinhäuser Juden zum regelmäßigen Gottesdienst.

Ein Situationsplan aus dem 19. Jahrhundert für die damalige „Obergasse“ belegt den Standort der ersten Synagoge an genau der gleichen Stelle, wie der des Nachfolgebaus aus dem Jahr 1885. Etwa zeitgleich mit dem Toleranzedikt von 1784 des Mainzer Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal, welches es Juden erlaubte, Häuser und Grundstücke zu erwerben, war das Haus Nr. 205 (Bahnhofstraße 10) im Besitz der jüdischen Familie Mainzer, die im Obergeschoss einen Betraum für die Gemeinde einrichtete.

Das Erdgeschoss wurde gewöhnlich an einen angestellten Lehrer und Kantor vermietet, die hier mit ihren Familien lebten. Einen Wechsel gab es alle paar Jahre. Dutzende Lehrerkinder wurden hier geboren, am bekanntesten ist vielleicht Hannchen Marx, geb. Isaak (1839-1910). Sie war die Großmutter der Marx-Brothers, das waren ganz frühe und weltberühmte Hollywood Stars der Stummfilmzeit.

Nicht so berühmt war Ernst Nathan, der als viertes Kind des Lehrers Emanuel Nathan 1871 hier geboren wurde. Er lebte später in Bruchsal und wurde 1942 in Auschwitz ermordet. Sein Name soll stellvertretend für alle Lorscher Jüdinnen und Juden genannt sein, für die hier oder anderenorts keine Stolpersteine verlegt sind. Auch zu ihrem Gedenken wird die Stolperschwelle verlegt.

Ab 1885 – mit der Errichtung der neuen Synagoge aus Stein – sind keine Geburten mehr im Haus Nr. 205 verzeichnet. Der Bauherr der Synagoge, Simon Lorch, der gleich nebenan sein Geschäft betrieb, hatte das Haus in der Kirchstraße 5 dazu erworben, welchen nun als Lehrerhaus diente. Zwischen diesem Haus und der neuen Steinsynagoge wurde ebenfalls neu eine, im Umkleideraum beheizbare, Grundwasser Mikwe für die Ritualbäder gebaut. Die Finanzierung des Neubaus war eine gewaltige Anstrengung für die Lorscher und Kleinhäuser Juden. Maßgeblich zum Erfolg trugen großzügige Spenden bei, so zum Beispiel aus der Familie des Ferdinand Oppenheimer. Der gebürtige Kleinhäuser Jude war in Strasbourg mit einer Lederfabrik zu einem beträchtlichem Vermögen gekommen.

Mit dem Ende des Kaiserreiches und dem verlorenen Krieg endete die Blütezeit der hiesigen Landjudenschaft. Viele hatten beträchtliche Summen in Kriegsanleihen investiert. Inflation und Wirtschaftskrisen folgten, die Nationalsozialisten raubten sich den Rest der jüdischen Vermögen, einschließlich ihrer Synagoge. Der Gemeinderat besiegelte mit dem Abbruch der Brandruine nach dem Pogrom das Ende der jüdischen Gemeinde in Lorsch.

Drei Lorscher Familien hatten in Folge der Übergriffe 1938 unmittelbar Tote in ihrer Mitte zu beklagen: Moritz Mainzer, der in der Schulstraße 12 geboren worden war, starb nach Misshandlung an einem Herzinfarkt in seiner Heimatstadt Frankfurt. Simon Lorch aus Dieburg, ein Schwiegersohn Abraham Abrahams aus der Kirchstraße 12, wurde in Buchenwald ermordet; die Familie erhielt nur noch ein Paket mit seiner Asche. Schließlich auch Aron Lorch aus der Bahnhofstraße 13, den man schon auf dem Weg nach Buchenwald gequält hatte, verstarb Wochen später ebenfalls im Frankfurter Rothschild Hospital. Ihre Namen sind mit den Tagen der Schändungen deutscher Synagogen verknüpft, und so soll auch für sie die Stolperschwelle in der Bahnhofstraße ein Denkzeichen der Erinnerung sein.

Nach der gemeinsam von der Stadt Lorsch und dem Heimat- und Kulturverein veranstalteten Verlegung der Stolperschwelle ist die Dokumentation Landjudenschaft im Alten Schulhaus bis etwa 14 Uhr geöffnet. Hier besteht die Gelegenheit, sich den Film mit der 3D-Rekonstruktion der Lorscher Synagoge anzuschauen. Aller Lorscherinnen und Lorscher und alle auswärtigen Gäste sind herzlich eingeladen.

Thilo Figaj,
Heimat- und Kulturverein Lorsch e.V., Vorsitzender

Lorscher Bilderbogen am 05.10.2024

Der Heimat- und Kulturverein lädt dieses Jahr zur nunmehr zwölften Auflage der beliebten Vortragsreihe „Lorscher Bilderbogen“ ein.

Hans de Raadt nimmt die Zuschauer wieder mit auf einen Rundgang durch das historische Lorsch und zeigt Bilder aus längst vergangenen Tagen. Um den Zuschauern vor Augen zu führen, daß nichts beständiger ist als der Wandel, stellt er vielen Bildern die jeweils aktuelle Ansicht gegenüber, um zu verdeutlichen, wie sich die jeweiligen Ansichten verändert haben, oder auch nicht, oder ganz verschwunden sind.

Es gibt kein besonderes Thema, aber mehrere Schwerpunkte. Diese sind historische Stadtansichten, längst verschwundene und noch bestehende Geschäfte, Bäckereien, Metzgereien, Mühlen, Firmen. Auch die alten Lorscher Wirtschaften werden wieder gezeigt, sowie viele bisher nicht veröffentliche Bilder aus dem alten Lorsch und heutigen Neubaugebieten.

Ein weiteres Thema sind die oft ärmlichen Lebensbedingungen im vorigen Jahrhundert als es in Lorsch noch keine Kanalisation und öffentliche Wasserversorgung gab. Diese wurden erst in den 1960-70er Jahren eingeführt.

Lorsch war bis in 1950er Jahre sehr landwirtschaftlich geprägt und die zahlreichen Feldarbeiten wurden überwiegend von Hand und mit Pferden und einfachen Gerätschaften ausgeführt. Traktoren kamen erst in den 1950-1960er Jahren auf. Auch dazu gibt es etliche Bilder.

Der Vortrag findet am Samstag, dem 05.10.2024 um 16 Uhr im Museumszentrum im Paul-Schnitzer-Saal statt und wird etwa eineinviertel bis eineinhalb Stunden dauern.
Saalöffnung ist um 15 Uhr.

Der Eintritt ist frei, Spenden sind jedoch sehr willkommen und werden gerne angenommen.

Mitgliederversammlung am 20.09.2024

Die 1935 verbotene DJK Lorsch, in der viele junge Männer aus der katholischen Jugend mitspielten.
Stehend, von links, 3. Valentin Rummel, 5. Franz Angert
Das Bild stellte Annemarie Schmitt (Körnerstraße) zur Verfügung.

Sehr geehrtes Mitglied,

zur Mitgliederversammlung des Heimat- und Kulturvereins Lorsch e.V.

am Freitag, den 20.09.2024
um 19:00 Uhr
im Paul-Schnitzer-Saal

lade ich Sie recht herzlich ein.

Von 18:00 – 18:45 Uhr findet ein Bildvortrag mit dem Titel „Die Geschichte des Lorscher Fußballs“ durch Herrn Matthias Bähr statt.

Matthias Bähr ist Mitglied des Heimat- und Kulturvereins Lorsch e.V. und wird uns und interessierten Lorschern einen Einblick in die Entstehung und Entwicklung des Fußballs in Lorsch geben. Als langjähriger Spieler und Funktionär hat sich Bähr in den vergangenen Jahren zu einem profunden Kenner der Lorscher Fußballgeschichte entwickelt.

Er ist bekannt für seine Stadtrundgänge vor allem zur Geschichte rund um seinen eigenen Heimatverein, den SC Olympia Lorsch. Doch nicht nur dieser Verein wird im Vortrag behandelt werden, sondern natürlich auch die Geschehnisse in der Turnvereinigung, bei der seit 1951 ebenfalls erfolgreich Fußball gespielt wird. Daneben gab es aber auch noch weitere Organisationen, die früher in Lorsch dem runden Spielgerät nachjagten. Matthias Bähr wird uns von all diesen Mannschaften erzählen und dabei so manche Anekdote rund um den Lorscher Fußball zum Besten geben.

Im Anschluss lade ich Sie zu unserer jährlichen Mitgliederversammlung am  20.09.2024 um 19 Uhr in den Paul-Schnitzer-Saal ein.

Als Tagesordnung ist vorgesehen:
• Begrüßung
• Bericht Jüdisches Leben, T. Figaj
• Bericht Bildarchiv, H. de Raadt
• Bericht Tabak AG, B. Stroick
• Bericht Kräutergarten AG und Päonien-Garten AG, B. Walter und G. Steines
• Bericht Lorscher Wald, M. Fettel
• Bericht Stadtführer, I. Ludwig
• Bericht Lorscher Vereine, K. Jäger
• Kassenbericht, H. Koob
• Kassenprüfungsbericht und Neuwahl der Kassenprüfer
• Entlastung des Vorstandes
• Verschiedenes

Vortrag und Mitgliederversammlung sind öffentliche Veranstaltungen – alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

Ich würde mich freuen, Sie an der Mitgliederversammlung begrüßen zu dürfen.

Mit freundlichem Gruß
Thilo Figaj (1. Vorsitzender)

„Die Kräuter im Lorscher Werzwisch“

Führung mit Informationen durch Gisela Steines
Mittwoch, den 14.08.2024 um 18.00 Uhr am Sachsenbuckel

Bitte Rebschere und Körbchen zu der Fahrradtour mitbringen. Kräuter, die nicht in unserer Gemarkung auf der Führung gefunden werden können werden in ausreichender Anzahl von Frau Steines mitgebracht.
 
 

 

Kräuterweihe am 15. August 2024 zu Maria Himmelfahrt

Quelle: come-to-web
  • Königskerze (oder Eisenkraut)
  • Wiesenknopf (auch Blutströpfchen genannt)
  • Johanniskraut
  • Schafsgarbe
  • Rainfarn
  • Wilde Möhre
  • Beifuß
  • Dost

Thymian, Odermennig, Pfefferminze und Wermut sowie Zweige vom Nussbaum, mit drei grünen Nüssen als Zeichen der Dreifaltigkeit, können auch dazu gebunden werden.
(Es sollen mindestens 7 Kräuter im dem „Werzwisch“ oder Würzbürde enthalten sein.)

Anmerkung: Der Rainfarn wächst in den Wiesen und an Wegrändern. Er hat eine kompakte, dottergelbe  Blüte  und ist kein Farn, der im Wald wächst.

Der Vorleser

Zigarrenfabriken als Keimzelle gewerkschaftlicher Bewegung und Sozialdemokratie – eine Episode aus Lorsch.

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Unser Baum in der Allee der Vereinsbäume

Der mit Motiven aus der Tabak- und Zigarrengeschichte unseres Ortes geschmückte Baum des HKV in Reihe mit den andern Lorscher Vereinsbäumen, am St. Barbaratag (4. Dezember) vor dem Stadthaus.

Der Vorstand dankt Inge Ludwig (Bilder und Schmücken), Sabine Horn und Sabine Dorn (Idee, Umsetzung und Schmücken).

Vortrag – Sprache der Landjudenschaft

Thilo Figaj. Heimat- und Kulturverein Lorsch

08. Dezember 2023, 18 Uhr – Altes Schulhaus in Lorsch (neben Giebauer Haus)

„Landjuden und dörfliche Gemeinschaft – Zusammenleben, Arbeitsteilung, Sprache“

Dreihundert Jahre waren Landjuden ein lebendiger Teil bäuerlicher Gesellschaften, vor allem in Süddeutschland. In ihrer soziokulturellen Struktur unterschieden sie sich deutlich von den durch jahrhundertelange Gettoerfahrungen geprägten städtischen Judengemeinden — obwohl sie aus ihnen hervorgegangen waren. Zunächst noch beschränkt durch die Zwänge absolutistischer Herrschaft entwickelten sie ab dem 18. Jahrhundert mit ihren christlichen Nachbarn ein arbeitsteiliges Miteinander und erfolgreiches System dörflicher Gemeinschaft: hier die Bauern und Viehhalter, dort der Land– und Viehhandel. Mit dem Holocaust ist die Landjudenschaft für immer untergegangen. Erhalten geblieben sind Teile ihrer Sprache. Viele jüdische Ausdrücke sind bekanntlich im Deutschen identifizierbar. Ihren bedeutendsten Niederschlag aber haben sie in den regionalen süddeutschen Dialekten gefunden und sind zum Teil bis in unsere Zeit in ihnen lebendig, ohne dass ihr Ursprung heutigen Generationen noch bekannt ist. Thilo Figaj vom Heimat- und Kulturverein Lorsch hat sie gesucht und stellt in seinem Vortrag eine Auswahl vor.

Dauer: ca. 1 Stunde

 

Die Teilnehmerzahl ist aufgrund der Raumverhältnisse in der Dokumentationsstätte auf 12 Personen beschränkt. Bei größerem Interesse wird der Vortrag zeitnah wiederholt.

Bitte melden Sie sich ausschließlich per E-Mail an, Sie erhalten von uns eine Bestätigung Ihrer Anmeldung: t.figaj@kulturverein-lorsch.de

 

Tagesfahrt des HKV nach Aschaffenburg

Schloss Johannisburg vom Pompejanum gesehen

Fünfzig Teilnehmerinnen und Teilnehmern nahmen an der Tagesfahrt des Heimat- und Kulturvereins nach Aschaffenburg am dritten Oktoberwochenende teil. Erstes Ziel war das Schloss Johannisburg, das den Mainzer Kurfürsten bis zum Ende des Altreiches als Zweitresidenz diente. Nach einer letzten kurzen Blüte unter Karl Theodor von Dalberg war es 1814 an die Bayerische Krone gefallen. Das prächtig am Mainufer gelegene Schloss beherbergt heute eine bedeutende Bildersammlung, mit Werken von Lucas Cranach dem Älteren und weitere sehenswerte Kunstschätze. Die Mittagspause wurde im nahe gelegenen historischen Brauhaus Schlappeseppel verbracht. Nach einem kurzen Spaziergang konnten von der Terasse des Pompejanums sonnige Ausblicke über den Main genossen werden. Das Pompejanum war ein Projekt König Ludwigs I. von Bayern, der den Nachbau einer römischen Villa für die Öffentlichkeit in spektakulärer Lage über dem Fluss errichten ließ. In diesem von Grund auf renovierten Gebäude nahmen die Gruppen aus Lorsch an der zweiten Führung des Tages teil. Ein Spaziergang und ein Cafébesuch im weitläufigen, nach englischem Vorbild angelegten Park Schönbusch auf der gegenüber liegenden Mainseite rundeten den samstäglichen Ausflug ab. Der Heimat- und Kulturverein freut sich über die wieder sehr gute Resonanz an dieser Fahrt und wird auch im kommenden Jahr weitere Ausflugsangebote in die erweiterte Region anbieten.

Thilo Figaj, 1. Vorsitzender

Gruppenfoto Tagesfahrt 2023 nach Aschaffenburg